„Der Name war gefunden, das Banner gemalt und die Texte in Auftrag gegeben.“ - Klemi, Paul und Reudnitz erinnern sich an das erste Konzert vom SCHWARZEN KANAL am 15.10.89 in der Lukaskirche Leipzig Volkmarsdorf

Reudnitz: Angefangen haben Klemi und ich im Sommer 89 zu zweit, weil wir nach L’Attentat wieder zusammen Musik machen wollten.

Klemi: Genau. Im Proberaum in der Funkenburgstraße haben wir uns getroffen. Wir hatten anfangs ein paar L’Attentat-Lieder aus der späteren Phase übernommen. Das waren beispielsweise „Sacco und Vanzetti“ und das „Mauerlied“.

Reudnitz: Und dann kamen Mayer und Roman von der letzten L’Attentat-Besetzung dazu. Da haben wir bei Ray neue Texte in Auftrag gegeben, weil es ab diesem Zeitpunkt eine richtige Band wurde. Unser erster Auftritt sollte eigentlich im September 89 im Mockauer Keller mit den Goldenen Zitronen zusammen sein. Aber irgendwie ging das nicht. Ich weiß nicht mehr warum. Dass wir dann an das Konzert in der Lukaskirche rangekommen sind, hatte sicher damit zu tun, dass Mayer die Veranstaltung mit organisiert hatte. Die Künstler haben ja nur ein paar Bilder dort verkauft. Aber organisiert haben es die Punks vom Mockauer Keller. Es waren daher in der Kirche viele Punks anwesend. Die Künstler haben das nicht dominiert.

Klemi: Es war das erste Mal, dass ich mit meinen Brüdern, die bei Defloration gespielt haben, auf einer gemeinsamen Bühne gestanden habe. Mit L’Attentat war es nie dazu gekommen, beim Schwarzen Kanal dafür des Öfteren.

Mayer und Reudnitz am 15.10.89 in der Lukaskirche Leipzig (Foto: Archiv Bürgerbewegung Leipzig/ Bernd Heinze)
Der Schwarze Kanal - Live 1989 in Leipzig (Foto: Archiv Reudnitz)
Der Schwarze Kanal - Live 1989 in Leipzig (Foto: Archiv Reudnitz)

Reudnitz: Die Veranstaltung fand an einem Sonntag statt. Am Morgen wurde meine Tochter getauft, weil meine Schwiegereltern christlich geprägt waren. Also hatten wir entschieden, dass sie später alleine entscheiden soll, ob sie zur Kirche geht oder in die FDJ eintritt. Mittags haben wir gemeinsam gegessen und danach bin ich direkt in die Lukaskirche zum Auftritt gegangen. Und am nächsten Tag, dem Montag, war in der Innenstadt diese Riesendemo, die alles zum Kippen gebracht hat. Aber an diesem Sonntag wusste noch keiner, wie sich das entwickelt. „40 Jahre“ haben wir auf alle Fälle damals bei dem Auftritt gespielt. Das „Mauerlied“ sicher auch. Eventuell „Solidarität“? Der Gig war ja nur 10 Minuten lang. Aber es war der erste vom Schwarzen Kanal.

Paul: Vielleicht noch „Stacheldraht“? Der Text war von der letzten L’Attentat-Besetzung. Den hatte Heiko Busse gemacht. Ich weiß noch, dass es bei dem Konzert ganz gut ab ging. Wisst ihr noch wie Tommi von Defloration ne Show machen wollte und auf den Stuhl gestiegen ist? Den Rest hatte er, glaube ich, nicht so geplant. Das war einer der Höhepunkte des Abends. (alle lachen) Es war richtig gute Stimmung. Da waren auch Leute da, die keine Punks waren, aber so drauf waren.

Klemi: Das war jedenfalls der Anfang vom Schwarzen Kanal. Der Name war gefunden, das Banner gemalt und die Texte in Auftrag gegeben.

Origiginaltext von Ray Schneider. Ursprünglich 1988 für L'Attentat geschrieben und ab 1989 vom Schwarzen Kanal gespielt.
Origiginaltext von Sacco und Vanzetti. Von Ray Schneider ursprünglich 1988 für L'Attentat geschrieben und ab 1989 in gekürzter Form vom Schwarzen Kanal gespielt.
Originalskizzenentwürfe von Ray Schneider für das Logo vom Schwarzen Kanal (Archiv Ray Schneider)