Haareschneiden in Dresden

Die ersten Kurzhaarschnitte tauchten 1984 bei einem Konzert in Halle auf. Von Skinheads konnte damals aber noch nicht gesprochen werden. Vielmehr waren es Punks mit Kurzhaarfrisur. Eine politische Ausrichtung war es noch nicht. Eher Spaß am Provozieren und Ausprobieren. In der BRD hatten sich gerade die ersten Skins etabliert und so kam die Welle auch bald in den Osten. Erst nach und nach entstand hier eine eigene Skinhead-Szene, die sich teils aus Frust über die Schmuddelpunks, teils aus politischer Provokation von der Punkszene abzuheben begann.

Bild aus Haare auf Krawall, Kurzhaarschnitte in Dresden 1985 (Foto: Archiv Jörg Löffler)

Für Fleck und Löffel von der Dresdner Gruppe Paranoia und Bernd Stracke von der Leipziger Band L’Attentat war die ganze Sache im Frühsommer 1985 aber einfach nur Fun.

Löffel und Stracke erinnern sich:

Mit Micky Maus T-Shirt und Nassrasur in Dresden angekommen (Foto: Archiv Jörg Löffler)

Löffel: Stracke hatte vorgezogen. Der kam schon mit Glatze an. Wir haben ihn gerade noch erkannt. Stracke hat uns damals dazu angestiftet. Der alte Rädelsführer. Vorher hatte er bunte Haare. Mit roter Holzbeize gefärbt.

Stracke: Die Geschichte geht anders. Wir hatten alle noch Haare auf dem Kopf. Dann haben die Dresdner mich angerufen und gesagt, ich solle nach Dresden kommen, wenn ich mich trauen würde. Ich solle aber keine Angst haben, sie hätten nichts gegen Punks. Daher dachte ich: Die Schweine haben vorgezogen und sind Skinheads geworden. Also habe ich mir eine Nassrasur gemacht. Ich komme nach Dresden und da waren die aber noch gar nicht soweit.

Ich war einen Tag zu früh da. Also haben wir gedacht, wir machen jetzt eine Fotosession, erst Iro, dann Halbglatze, dann ganz. Rumposen mit Nieten und allem drum und dran. Am Schluss haben wir alle Punksachen weggelegt und sind mit Hosenträgern in die Innenstadt gegangen. Das war total geil. Endlich hat uns keiner mehr dumm hinterhergerufen.

Posing - Irokesen als Zwischenschritt (Foto: Archiv Jörg Löffler)
Das Ergebnis, v.l.n.r: Stracke, Löffel und Fleck (Foto: Archiv Jörg Löffler)

Doch einige Punks verändern nicht nur ihr Äußeres. Ab 1986 sind verstärkt Auseinandersetzungen zwischen Punks und Skins bei Konzerten, Werkstätten und sonstigen Zusammenkünften überliefert. Es kommt zu Schlägereien zwischen den Lagern und nicht wenige ehemalige Punks driften ins Neonazilager ab. In Potsdam und Berlin existieren bald eigene Szenen. Zwischen Glatzen bewegen sich rechte Hooligans und Seitenscheitelträger. Die Bomberjacke kehrt ein. Doch dies ist eine andere Geschichte…